Erfordernis der Aurklärung bei schwerwiegender Nebenwirkung eines Medikamentes: BGH, Urteil vom 15. März 2005 - VI ZR 289/03

Die Verordnung eines aggressiven und nicht ungefährlichen Medikamentes, wie hier des Medikamentes Cyosa, stellt einen Eingriff dar, der eine Eingriffs- und Riskoaufklärung von dem verordnenden Arzt erfordert. Warnhinweise auf der Packungsbeilage ersetzen diese Aurklärung dann nicht, wenn ein schwerwiegende Gesundheitsrisio bestanden hat (vgl. ebenso BGH 90, 103, 108, ferner BGHZ 144, 1,5), das mit der Einnahme des Medikaments speziell verbunden war, weil es es ihm spezifisch anhaftet.  

Dies hätte es erfordert, die Patientin im vorliegenden Fall , die zu der auf dem Warhinweis beschriebene Riskogruppe (Raucherin) gehörte über die spezifische Risko einer  Gefäßveren gung und eines Herzinfarktes aufzuklären. 

Patientenschutz e.V.

Anmerkung:

Der BGH bemüht sich in der Entscheidung, was in den Urteilsgründen nicht klar herausgearbeit wird - aber durchaus anklingt, zwei Bereiche voneinander abzugrenzen, die Therapieaufklärung und die Aufklärung in Ansehung einer Medikamentenverordnung, bei der es sich häufig nur einen Beaustein eines Therapiekonzeptes handelt. In der Praxis fällt beides oft zusammen, juristisch gelten jedoch unterschiedliche Anforderungen. Da der Arzt in Ansehung der speziellen auf den Patienten und seine Leiden abgestimmte Therapie eine Aufklärung unter Berück- sichtung der individuellen Risken schuldet, orientiert sich die Medikamenten- aufklärung an den vom Herstellter mitgeteilten Risken und Warnhinweisen, die allgemeinerer Natur sind.  Die Entscheidung läßt aber noch viele Fragen offen.  Da bekanntlich jedes Medikament bei unvorteilhafter Anwendung schwerste gesundheitliche Schäden hervorrufen kann, was oft nicht mehr vom Arzt überwacht werden kann, weil der Patient die Anwendung in Eigenregie selbst praktiziert, fragt es sich, ob eine derartige Risioaufklärung auch die Folgen möglicher Nachlässigkeiten des Patienten umfassen muß.  Wo endet die Medikamentenaufklärung bei einem möglicherweise unzuverlässigen Patienten ?   Sind die Anforderungen noch höher und umfasssen sie auch weniger gesundheitsgefährdende Nebenfolggen. Welche Rolle spielt eigentlich der Apotheker in dem Beziehungsgeflecht Arzt-Patient-Apotheker, der ebenfalls Rat (und damit vielleicht auch Aufklärung) schuldet. Man darf der Rechtsfortenwicklung auf dem Gebiet der Meidkamentenaufklärung daher mit Spannung entgegensehen.

RA Hartwig Meyer, Berlin - Mitglied des Anwaltsberatungsnetzes