Der Patientenschutz e.V. merkt zu der Stellungnahme der Havelklinik folgendes kritisch an:

1.
Aus den vorprozessualen Unterlagen, die uns Frau Busse zur Verfügung gestellt hat, geht hervor, dass es der Haftpflichtversicherer für die Havelklinik übernommen hat, zu dem Vorfall Stellung zu nehmen. Dies ist auch richtig so, weil es dem Versicherten im Rahmen des Versicherungsvertragsverhältisses obliegt, keine Einlassung ohne Absprache mit dem Haftpflichtversicherer abzugeben. Der Hinweis der Havelklinik, dass von ihr keine Stellungnahme angefordert worden ist, ist damit bedeutungslos.

2.
Der Hinweis, dass eine Haftung nur für individuell nachgewiesenes Verschulden in Betracht kommt, ist im Grundsatz zwar richtig. Dieser Grundsatz erleidet nach der Rechtsprechung jedoch viele Ausnahmen, und zwar in solchen Fällen, in denen aus vernünftigen Gründen zugunsten des Patienten Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr angenommen wird. Der vorliegenden Fall, bei dem einer Patientin während der Narkose ein Begleitschaden von ärztlicher Seite zugefügt wird, verlangt förmlich nach dieser Ausnahme – denn, wie soll ein Patient im Zustand der Bewusstlosigkeit (Narkose) Feststellungen über mögliche Schadensursachen treffen, so dass er später in der Lage wäre, einen schlüssigen Beweisvortrag zu halten und die Person zu bezeichnen, die die Kauterplatte (Elektrode) gesetzt hat. Dieses Kunststück müsste die Rechtsprechung dem Patienten erst einmal vorexerzieren. In dem Fall, wie dem vorliegen, kann der Patient einen Kompensationsanspruch nur verfolgen, wenn ihn die am Gesamtgeschehen beteiligten Ärzte wahrheitsgemäß über die von ihnen selbst gesetzte Schadensursache informieren, nachdem der Patient aus der Narkose erwacht ist. Tun sie es, wie in dem vorliegenden Fall nicht und schieben die Verantwortung und den „schwarzen Peter“ leugnend hin und her, müsste es für den Patienten ausreichen, wenn er auf die in seinem Fall gegebene situationstypische Verantwortlichkeit für die in Frage kommende Ursache der Brandschädigung verweist. Diese konnte nur in dem arbeitsteiligen und gesamtverantwortlichen Handeln zweier maßgeblicher an der Operation beteiligter Personen liegen, dem Operateur und dem Anästhesisten, die nur selbst genau wissen können, wer von beiden die schadensursächliche Kauterplatte (Elektrode) gesetzt.

3.
Auch wenn die gerechte Entscheidung über den vorliegenden Haftungsfall noch ohne Präjudiz ist, so dass von der eher konservativen Instanzrechtsprechung eine mutige Einzelfallentscheidung nicht erwartete werden konnte, steht die ethische Verantwortung der in Anspruch genommenen Ärzte auf einem anderen Blatt.
Die Empörung unseres Mitgliedes über den Zynismus der Ärzte, denen sie einmal vertraut hat, und die danach zu einem Schaden nicht mehr stehen, der nur von ihnen verursacht worden sein kann und der nicht zu den allgemeinen und speziell mit dem Eingriff verbundenen Risiken gehört, ist nachzuvollziehen und für das Ungleichgewicht von Patienten und Behandlerseite signifikant. Der Patientenschutz e.V. meint, dass im Falle von Frau Busse weder die Havelklinkik noch die Dres. Franke und Döscher dieser Verantwortung gerecht geworden sind.

Patientenschutz e.V.